Nach vielen Jahren des weithin bekannten „Silvester – die Party des Jahres?“-Problems stand unser Entschluss 2019 felsenfest: Wir wollten das neue Jahr unter freiem Himmel begrüßen, am liebsten im Zelt, ganz ohne Party und Sektgläser. Der Plan, wo und wie dieses ganz genau geschehen sollte, stand hingegen freilich nicht ganz so fest: Zunächst hatte ich mich höchst urlaubsmotiviert durch die Flugangebote (klimaunfreundlich, I know) in die nördlicheren Gefilde Europas gegoogelt (Schnee!). Das führte zu umso heißeren Diskussionen, wie viele Euros in das Abenteuer investiert werden sollten. Kaum dass wir uns in dieser Frage geeinigt und eine ziemlich vielversprechende Tour über den schwedischen Bergslagsleden ausbaldowert hatten, flatterte kurz vor Weihnachten die Nebenkostenabrechnung in den Kölner Haushalt und machte unsere Skandinavien-Pläne erst einmal zunichte.
Nachdem wir uns von dem Ärger erholt hatten, war dennoch
schnell eine Alternative gefunden: Wir beschlossen, unsere neuen Schlafsäcke
auf dem Lieserpfad zu testen und diesen mit zwei Übernachtungen unter die Füße
zu nehmen. Dann kam es aber noch einmal ganz anders. Zwei Freunde beschlossen
spontan, über den Jahreswechsel nach Österreich an den Wolfgangsee zu fahren
und luden uns ein, sie zu begleiten. Dafür waren wir nicht schwer zu
begeistern: Berge, Ruhe, super Wetter, Schnee und Silvesterzelten – trotz aller
Heimatverbundenheit klang das irgendwie besser als gegebenenfalls verregnetes
Eifelwandern.
Anreise: Schlaflos mit dem Zug nach Salzburg
Gesagt, Rucksack gepackt und Bahnticket nach Salzburg
gebucht. Einmal mehr machten sich hier unsere BahnCards bezahlt, die den Trip
erschwinglich machten (für die Rückfahrt haben wir sogar recht kurzfristig noch
einen guten Sparpreis gefunden). Um eine Übernachtung zu sparen, entschieden
wir uns für den Nachtzug von Köln nach München. Diese Variante kann ich (Johanna)
nur eingeschränkt empfehlen: Zwar waren wir am nächsten Tag tatsächlich noch
fit genug für unsere Schneeschuhwanderung, aber davon war ich selbst
einigermaßen überrascht – denn schlafen ist bei dieser Nachtfahrt ein
Kunststückchen, das gar nicht so ohne ist. Nur weil der ICE sprichwörtlich
durch die Nacht fährt, ist das nämlich noch lange kein Grund für die Bahn, das
Licht zu dimmen oder einem die Nachtruhe sonst irgendwie leicht zu machen. Hier
hätten sich Schlafmaske und Ohrstöpsel gelohnt. Meine Fleece-Mütze tat aber ihr
Bestes, sodass ich wenigstens ein paar Stündchen Schlaf zusammenpuzzeln konnte.
Begleitet von einem wahrlich pittoresken Sonnenaufgang über den Alpen ging es
dann von München nach Salzburg und von dort weiter mit dem Bus zum Wolfgangsee.
Zwischenzeitlich kamen uns Bedenken, ob wir nicht doch im Charterbus einer
asiatischen Reisegruppe saßen, aber alles hatte seine Richtigkeit und wir kamen
wohlbehalten ans Ziel. Wo all die asiatischen Touristen hinwollten, fanden wir
dann später heraus…
Post(alm)kartenidylle
Nach dem Frühstück ging es dann gleich raus, und zwar in ein
wirklich wunderschönes Winterwonderland-Raus: Auf der Postalm, einem kleinen,
aber bildhübschen Skigebiet, gab es für uns einen Schneeschuh-Crashkurs und die
erste Gipfelbesteigung. Wir erklommen das Wiesler Horn, von dem aus man einen
Erste-Klasse-Blick auf den Wolfgangsee hat. Nach dem T-Shirt-Wetter in der
Ebene war es dort eine ganze Ecke frischer, aber wir wollten ja unser Equipment
testen – die Patagonia Nano Puff (Johanna) und Stellar Equipment Primaloft Jacket 2.0 (Marc) haben sich
jedenfalls bewährt, und zwar auch auf dem weitaus zugigeren Gipfel des
Schafbergs am Folgetag.
Dann wurde es ernst: Die Silvesternacht wollten wir im
Schnee verbringen und dort auch übernachten. Um den langen Abend bis
Mitternacht im kalten Zelt zu vermeiden, beschlossen wir, erst recht spät
aufzubrechen, die Zelte aufzustellen und zur Mitternacht auf dem Gipfel zu
sein.
Gegen halb zehn brachen wir auf – und landeten direkt im
Sternenhimmel. Schon in der Nacht davor konnten wir vom See aus beeindruckend
viele Himmelskörper betrachten und auch ein paar schöne Bilder machen. Aber
jetzt waren wir wirklich mittendrin, allein in den Bergen, in dieser völlig
fantastischen Landschaft, die für den Moment nur uns gehörte, die Schneedecke
unter den Füßen, das Sternenzelt über den Köpfen. Der schwere Rucksack war
unbequem, meine Muskeln schmerzten von den Höhenmetern der letzten Tage, doch
dieser Anblick war alle Anstrengungen wert.
Zelttest im Schnee
Der Zeltaufbau (MSR Mutha Hubba) funktionierte auch im tiefen Schnee
reibungslos, mit den Schneeschuhen ließ sich der Schnee leicht festtreten und
mit den Wanderstöcken konnten wir die Plane gut abspannen. (Allerdings ist es
ratsam, größere Teller zuvor von den Stöcken abzunehmen, sonst bleiben sie
gerne beim Herausziehen im Schnee stecken...) Als schließlich alles stand, ging
es zur letzten Gipfelbesteigung des Jahres. Es war nicht allzu weit, aber meine
aus Mädchengründen verkrampften Muskeln wollten wirklich sehr gerne mehrmals
umkehren. Zum Glück haben wir das nicht gemacht.
Von perfekten Sternenhimmeln und Sonnenaufgängen kann man
nur schwer erzählen. Daher hier lieber Marcs wunderschöne Fotos.

Rausgefunden


Rausgefunden
- Unsere Schlafsäcke (beide Western Mountaineering, Apache Microlite XP und Ultralite) packen minus 6 Grad gut. Marcs Isomatte (Sea to Summit Insulated) nicht so ganz; Johannas (Thermarest, TrailPro L) schon.
- Heißer Tee bleibt in einer Chilly’s Bottle auch beim Wintercampen mit Minusgraden über Nacht heiß (nicht lauwarm); außerdem passt ein Fold-A-Cup-Becher (24 Gramm, übrigens) genau um die Flasche.
- Wer im Schnee nachts raus muss, sollte besser nicht die gestampfte Zeltplattform verlassen…
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