Samstag, 18. Januar 2020

Sternenzelten

Motivation: Draußen ins neue Jahr!

Nach vielen Jahren des weithin bekannten „Silvester – die Party des Jahres?“-Problems stand unser Entschluss 2019 felsenfest: Wir wollten das neue Jahr unter freiem Himmel begrüßen, am liebsten im Zelt, ganz ohne Party und Sektgläser. Der Plan, wo und wie dieses ganz genau geschehen sollte, stand hingegen freilich nicht ganz so fest: Zunächst hatte ich mich höchst urlaubsmotiviert durch die Flugangebote (klimaunfreundlich, I know) in die nördlicheren Gefilde Europas gegoogelt (Schnee!). Das führte zu umso heißeren Diskussionen, wie viele Euros in das Abenteuer investiert werden sollten. Kaum dass wir uns in dieser Frage geeinigt und eine ziemlich vielversprechende Tour über den schwedischen Bergslagsleden ausbaldowert hatten, flatterte kurz vor Weihnachten die Nebenkostenabrechnung in den Kölner Haushalt und machte unsere Skandinavien-Pläne erst einmal zunichte.

Nachdem wir uns von dem Ärger erholt hatten, war dennoch schnell eine Alternative gefunden: Wir beschlossen, unsere neuen Schlafsäcke auf dem Lieserpfad zu testen und diesen mit zwei Übernachtungen unter die Füße zu nehmen. Dann kam es aber noch einmal ganz anders. Zwei Freunde beschlossen spontan, über den Jahreswechsel nach Österreich an den Wolfgangsee zu fahren und luden uns ein, sie zu begleiten. Dafür waren wir nicht schwer zu begeistern: Berge, Ruhe, super Wetter, Schnee und Silvesterzelten – trotz aller Heimatverbundenheit klang das irgendwie besser als gegebenenfalls verregnetes Eifelwandern.

Anreise: Schlaflos mit dem Zug nach Salzburg

Gesagt, Rucksack gepackt und Bahnticket nach Salzburg gebucht. Einmal mehr machten sich hier unsere BahnCards bezahlt, die den Trip erschwinglich machten (für die Rückfahrt haben wir sogar recht kurzfristig noch einen guten Sparpreis gefunden). Um eine Übernachtung zu sparen, entschieden wir uns für den Nachtzug von Köln nach München. Diese Variante kann ich (Johanna) nur eingeschränkt empfehlen: Zwar waren wir am nächsten Tag tatsächlich noch fit genug für unsere Schneeschuhwanderung, aber davon war ich selbst einigermaßen überrascht – denn schlafen ist bei dieser Nachtfahrt ein Kunststückchen, das gar nicht so ohne ist. Nur weil der ICE sprichwörtlich durch die Nacht fährt, ist das nämlich noch lange kein Grund für die Bahn, das Licht zu dimmen oder einem die Nachtruhe sonst irgendwie leicht zu machen. Hier hätten sich Schlafmaske und Ohrstöpsel gelohnt. Meine Fleece-Mütze tat aber ihr Bestes, sodass ich wenigstens ein paar Stündchen Schlaf zusammenpuzzeln konnte. Begleitet von einem wahrlich pittoresken Sonnenaufgang über den Alpen ging es dann von München nach Salzburg und von dort weiter mit dem Bus zum Wolfgangsee. Zwischenzeitlich kamen uns Bedenken, ob wir nicht doch im Charterbus einer asiatischen Reisegruppe saßen, aber alles hatte seine Richtigkeit und wir kamen wohlbehalten ans Ziel. Wo all die asiatischen Touristen hinwollten, fanden wir dann später heraus…

Post(alm)kartenidylle

Nach dem Frühstück ging es dann gleich raus, und zwar in ein wirklich wunderschönes Winterwonderland-Raus: Auf der Postalm, einem kleinen, aber bildhübschen Skigebiet, gab es für uns einen Schneeschuh-Crashkurs und die erste Gipfelbesteigung. Wir erklommen das Wiesler Horn, von dem aus man einen Erste-Klasse-Blick auf den Wolfgangsee hat. Nach dem T-Shirt-Wetter in der Ebene war es dort eine ganze Ecke frischer, aber wir wollten ja unser Equipment testen – die Patagonia Nano Puff (Johanna) und Stellar Equipment Primaloft Jacket 2.0 (Marc) haben sich jedenfalls bewährt, und zwar auch auf dem weitaus zugigeren Gipfel des Schafbergs am Folgetag.

Dann wurde es ernst: Die Silvesternacht wollten wir im Schnee verbringen und dort auch übernachten. Um den langen Abend bis Mitternacht im kalten Zelt zu vermeiden, beschlossen wir, erst recht spät aufzubrechen, die Zelte aufzustellen und zur Mitternacht auf dem Gipfel zu sein.
Gegen halb zehn brachen wir auf – und landeten direkt im Sternenhimmel. Schon in der Nacht davor konnten wir vom See aus beeindruckend viele Himmelskörper betrachten und auch ein paar schöne Bilder machen. Aber jetzt waren wir wirklich mittendrin, allein in den Bergen, in dieser völlig fantastischen Landschaft, die für den Moment nur uns gehörte, die Schneedecke unter den Füßen, das Sternenzelt über den Köpfen. Der schwere Rucksack war unbequem, meine Muskeln schmerzten von den Höhenmetern der letzten Tage, doch dieser Anblick war alle Anstrengungen wert.

Zelttest im Schnee

Der Zeltaufbau (MSR Mutha Hubba) funktionierte auch im tiefen Schnee reibungslos, mit den Schneeschuhen ließ sich der Schnee leicht festtreten und mit den Wanderstöcken konnten wir die Plane gut abspannen. (Allerdings ist es ratsam, größere Teller zuvor von den Stöcken abzunehmen, sonst bleiben sie gerne beim Herausziehen im Schnee stecken...) Als schließlich alles stand, ging es zur letzten Gipfelbesteigung des Jahres. Es war nicht allzu weit, aber meine aus Mädchengründen verkrampften Muskeln wollten wirklich sehr gerne mehrmals umkehren. Zum Glück haben wir das nicht gemacht.

Von perfekten Sternenhimmeln und Sonnenaufgängen kann man nur schwer erzählen. Daher hier lieber Marcs wunderschöne Fotos.
  
 


Rausgefunden

  •        Unsere Schlafsäcke (beide Western Mountaineering, Apache Microlite XP und Ultralite) packen minus 6 Grad gut. Marcs Isomatte (Sea to Summit Insulated) nicht so ganz; Johannas (Thermarest, TrailPro L) schon.
  •        Heißer Tee bleibt in einer Chilly’s Bottle auch beim Wintercampen mit Minusgraden über Nacht heiß (nicht lauwarm); außerdem passt ein Fold-A-Cup-Becher (24 Gramm, übrigens) genau um die Flasche.
  •        Wer im Schnee nachts raus muss, sollte besser nicht die gestampfte Zeltplattform verlassen…

Kommentar veröffentlichen

Whatsapp Button works on Mobile Device only

Start typing and press Enter to search